Frank DukOwski

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wurde in Wuppertal geboren, arbeitete am Staatstheater, in der Nervenklinik, in engen Kellern, im Baum und im Internet, lebt in Berlin und an anderen Orten und ... glaubt an höhere Mächte. Dieser Blog soll dazu dienen, Geschichten, Gedichte, Fotos und Filmexperimente zu veröffentlichen, kurz: Dinge, die (wenn nicht in Lesungen) bislang kein passendes Podium hatten.

Dienstag, 28. August 2018

Nemesis


Somnambul durch verghoulte Passagen,
Hinter mondblassen Schlünden der Nacht
Lebt’ ich Leben zu unzähl'gen Tagen,
Hat mir Sicht alle Klänge erwacht;
Und ich winde mich, kreisch’ gegen Morgen, wenn von Furcht ich zum Wahnsinn gebracht.


Als das Firmament flammender Dunst war,
Wirbelt' um ich seit Zeitenbeginn.
Dunkel klaffte der Kosmos, unsagbar
Wo Planeten schwarz trieben dahin,
Wo sie dreh'n sich ohn’ Kenntnis in Grauen, namenlos, ohne Glanz oder Sinn.


Über Meere ich endlos dahintrieb
Unterm finstern, grauwolkigen All,
Das der Blitzschlag vielzackig in Stück’ hieb,
Der mit Schreien hysterisch erschall.
Und Gestöhn unsichtbarer Dämonen steigt aus grünen Gewässern im Schwall.


Wie ein Hirsch tauchte ich aus dem Busch, dort
Wo aus Vorzeiten Eichen noch steh'n,
Die erfühlen, zugegen ist am Ort
Noch ein Schleichen, wo kein Geist mag geh’n.
Und ich floh vor dem Etwas dort um mich, das mich schielend durch Zweige konnt' seh’n.



Auf das hohle Gebirg’ taumelt’ ich zu,
Tot und karg’s aus der Ebene rägt.
Trank aus Quellen von neblig’ Hautgout,
Der in Sumpf sich und Meer überträgt.
Und in böse vermaledeit’ Tümpeln sah ich, was mir die Sprache verschlägt.


Ich durchstöbert' gewalt'ge Paläste,
Und betrat den verlassenen Saal,
Als der Mond mir durch Efeugeäste
Zeigt’ Figuren beim Aufgang im Tal,
Die ich nicht zu erinnern ertrüge, auf Gobelins, fremd und irrational.


So ich linste durch Fenster verwundert
Auf die modrigen Wiesen umher;
Auf die Dächer des Dorfes darunter,
Und der Grabgürtel drückte es schwer.
Von den Reih'n unbehauenen Marmors horcht’ nach Klängen ich, die ich erhör'.


An den Gräbern der Zeiten verkehrt’ ich,
Flog auf Schwingen der Angst aller Zeit;
Wo der rauchspei'nde Erebus wehrt sich,
Gletscher heben sich, öd und verschneit,
Und in Reichen der Wüste, wo Sonne alles frisst, was zum Gruße sich zeigt.


Ich war alt; Pharaonen im Niltal
Wurden erste Juwelen erbracht.
Ich war alt; in Epochen ohn' Anzahl
Kannte ich, und nur ich Niedertracht,
Als die Menschheit noch unbefleckt glücklich sich hat Wohnstatt auf Grünland gemacht.


Oh, wie groß ist die Sünd' meines Geistes,
Sie ist groß wie Verdammnis allein,
Noch Erbarmen des Himmels, so heißt es,
Noch das Grab könnte Stundung mir sein.
Und herab aus Äonen unendlich kommt das Schlagen von Schwingen gnad’los herein.


Somnambul durch verghoulte Passagen,
Hinter mondblassen Schlünden der Nacht
Lebte ich Leben zu unzähl'gen Tagen,
Hat mir Sicht alle Klänge erwacht;
Und ich winde mich, kreisch’ gegen Morgen, wenn von Furcht ich zum Wahnsinn gebracht.